Brönswai 5 Westerland; Hüs 85; Vermutlich das frühere 2021 älteste "denkmalgeschützte" Haus Westerlands und seine Geschichte.


Das denkmalgeschützte Haus im Brönswai 5, wurde 2019 endgültig zum Abriss freigegeben.

Nach vielen Jahren des Versagens der Denkmalschutzbehörde und anderer Ämter, wurde ein Kleinod der Insel Sylt für immer zerstört. Eines der ältesten Häuser Westerlands (vielleicht das älteste Haus) auf einem der ältesten Wohnplätze/Staven Westerlands...
Möge wenigstens seine lange Geschichte erhalten bleiben!

Angeblich 1702 wurde das spätere Haus gebaut, falls dies stimmt, war zu dieser Zeit der Besitzer ein "Früdde Bundis" (welcher 1689 und 1704 in den Steuerlisten genannt wurde). Das Grundstück war aber schon davor länger bebaut.
Dieser Früdde Bundis hatte das Haus/Grundstück von seinem Vater, Bunde Nickelsen geerbt (+1642), welcher 1637 wohl Kirchspielvogt, Strand und Deichvogt von Westerland war, allerdings schon 1642 starb.
Bunde Nickelsen war verheiratet mit einer Tochter des Landvogts Frödde Frödden (+1635)

Danach lebte in dem Haus möglicherweise um 1653 neben den Kindern von Bunde Nickelsen auch sein Schwiegersohn, Eschel Bleiken (er soll laut Überlieferungen aus Niebollum stammen, dies könnte entweder einen verlassenen Ort südlich von Rantum, oder Nieblum auf Föhr meinen), zog allerdings bald um in das Haus 120 (oder ein Haus daneben).

Bunde Nickelsen war wiederum der Sohn des Nickels Bundis, welcher zwischen 1628 und 1611 genannt wurde.

Allerdings war das Grundstück wahrscheinlich noch älter.
Der Legende nach, lebte hier für einige Zeit der Pastor von Eidum, als der Großteil von Eidum 1436 unterging, ein gepflasterter Weg führte angeblich von diesem Haus ursprünglich bis zur Eidumer Kirche. (Man fand Reste von diesem auf einer Höhe von ungefähr einem halben Meter unter dem Erdboden)
Manche der Steine in den Wänden des Hauses, sollen ebenfalls von der Eidumer Kirche gestammt haben.

Es ist möglich, dass schon ein "Nickels Boens" ein Vorfahr war und auf dem Staven lebte, dieser wurde 1543 genannt, sowie "Nickels Bohonn", welcher 1513 genannt wurde. (Doch sind diese Vorfahren vor 1611 fraglich). Allerdings sind diese beiden möglichen Vorbesitzer sehr spekulativ, da die Quellenlage aus der Zeit sehr dünn ist (die Vermutung beruht eher auf Ähnlichkeit des Namens).

Höchstwahrscheinlich wurde der nahe Acker "Bundiswung" (= Bunji's Acker) nach dieser Familie "Bunjis/Bundis" so genannt. Keine andere Familie trug vor 1689 in der Gegend diesen Namen.

Das Haus gehörte dann um 1709 Bunde Früdden, der ein Sohn des Früdde Bundis war (Früdde Bundis starb wahrscheinlich vor 1680, denn 1680 wurden schon seine "Erben" genannt)

1709 wurde über das Haus 85 und Bunde Früdden in der "Anschreibung der Hußen & Ländereyen" folgendes berichtet:
"1) Zum Land:
- Kann 2 gering Fuder Heu bergen vom Wert a 2 Mark.
- Säet im Jahr 1 Tonne Roggen und 1 Tonne Gärsten
Kann während ein Jahr ein Schip Saat Landes gelten 5 Mark etlicher maßen 10
- hat nichts davon veräußert.
2) Tiere:
- 2 Pferde
- 1 Kuh
- 8 Schafe
Heuer Weyde ist hier nicht, Andern müßen unsere Beesten auf fremder Weyde halten, auf List gilt ein Stück Vieh zu gräßen und weyden 1 und ein gilt 3.
3) Das Haus besteht aus:
- ein klein Kammer, Pesel, klein Stube und Außendiehl von 6 Fach
- Dreschlohe und Stall 5 Fach
- alles Gebäude in schlechtem Stande

4) Hat keine Fischerey als was er in der saltzen See mit großer Mühe fangen kann, zu sein und der Seinigen nothwendigen Unterhalt, welche Fischerey ungewiß ist.
5) Hat keine Nahrung als die Seefahrt und könnte sich deßen ohne unmöglich mit den Seinigen ernähren.
6) Der Mann steckt in großen Schulden und kann kein Praestanda praestiren. (?)"

Bunde Früdden starb vermutlich ohne Kinder, darum ging das Haus dann wahrscheinlich um 1730 in fremde Hände.

Einer Überlieferung nach, ging Bunde Früdden am 21.10.1686 mit 4 anderen Syltern zusammen Fischen. Wobei diese wegtrieben und durch pures Glück gerettet wurden und alle heil wieder nach Sylt kamen.
Mehr zu der Legende bei Haus X-4

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Wir erfahren dann bis um 1743 nichts über das Haus, damals kaufte der Däne Matthies Michels (*20.9.1719 Brünemen DK (wahrscheinlich = Bryndum bei Esbjerg); +2.9.1781 Haus 85) das Haus und bezog es mit seiner 1743 geheirateten Frau Giede Richard Godberts (*11.5.1771 Wiedingharde; +16.5.1796 Haus 89)

Sie hatten mehrere Kinder:

1745 wohnten in dem Haus nur Matthies (nicht Seefahrer) und seine Frau Giede.
1754 wohnten dann auch die Kinder im Haus.

1778 bekam dieser Staven (damalige HausNr. 85; Matthies Michels) einen Anteil an den Gemeindeländereien: 1/2 Los

Am 2.9.1781 starb Matthies Michels, die Witwe Giede zog später zu ihrer Tochter Christine in das Haus 89, Giede starb dort am 16.5.1796.

Um 1803 gehörte das Haus Peter Lorenzen (*10.11.1765 Rantum; +1804 Amerika), welcher zwischen 1801 und 1803 aus Rantum mit seiner Familie nach Westerland zog.
Seine Frau Maiken Lorenzen Brühn (*10.5.1767 Rantum; +21.3.1819 Haus 85) hatte er am 16.3.1794 geheiratet.

Sie hatten folgende Kinder:

1803 lebten im Haus Peter Lorenzen (Seefahrer), seine Frau Maiken sowie die Kinder. 
Außerdem wohnte in dem Haus auch die alte Witwe Erkel Peter Thamen (*21.11.1718 Rantum; +1.7.1805 Haus 85), sie starb am 1.7.1805.

Leider starb Peter Lorenzen schon 1804 oder 1805 in Amerika.

Am 21.3.1819 starb die Witwe Maiken Lorenzen Brühn.

Ungefähr 1821 baute Lorenz Peter Lorenzen das Haus Nr. 100 (II), die Geschwister zogen dort hin.

Danach erwarb wohl um 1827 der Seefahrer Peter Erk Peters (*20.11.1798 Haus 101; +10.11.1865 auf See)

Am 21.1.1827 heiratete er Agatha Jens Nielsen (*1793 Haus 1; +18.4.1876 Haus 85).

Sie hatten 2 Kinder:

1835 & 1840 & 1845 wohnten in dem Haus Peter Erk Peters (Seefahrer), seine Frau Agatha und die zwei Kinder.
1840 wohnten in dem Haus ebenfalls Peter's Mutter Erkel Bleick Nickelsen (Witwe; *5.11.1768 Haus 80) und Peter's Bruder Bleik Erk Peters (Seefahrer; *1805 Haus 101), sie waren aus dem Haus 101 hergezogen.
Erkel zog noch vor 1845 in das Haus Haus 102 zu Peter's Bruder Cornelius Erk Peters (*1808 Haus 101

1860 wohnten im Haus nur das Ehepaar Peter Erk Peters (Seefahrer) und Agatha, sowie die zwei Töchter. 
Außerdem wohnte ein Seefahrer als Pensionär in dem Haus: Paul Evert Andresen (*1832 Morsum, wohnhaft Haus 119)

Die Tochter, Hedewig Dirk Petersen, heiratete im selben Jahr am 1.7.1860 eben diesen Steuermann Paul Evert Andresen (*1832 Morsum, wohnhaft 1845 Haus 119; +?)

Sie hatten mehrere Kinder:

Am 10.11.1865 starb Peter Erk Peters auf See.

Agatha Jens Nielsen starb am 18.4.1876.

Am 9.10.1892 heiratete Paul Evert's Sohn, Eduard Paul Andresen, die Keitumerin Johanne Jeanette Jansen (*20.9.1870 Keitum; +?), sie zog in das Haus.

Im Jahr 1896 starb Eduard's Mutter Hedewig Dirk Petersen.

Nach Eduard Andresen erbte die Tochter Hedwig Andresen (*1903; +1991) das Haus, sie heiratete Kurt Thomas (*1905; +1990).

Kurt Thomas starb 1990, Hedwig Andresen 1991

Ab 1993 war das Haus denkmalgeschützt und war zu der Zeit unbewohnt.
Von dieser alten Art von Haus gab es auf Sylt zu der Zeit schon nur noch 4 Häuser insgesamt...

So stand das Haus dann da, für alle sichtbar dem Verfall preisgegeben, bis schließlich 2019 die Abrisserlaubnis erteilt wurde...



Vermutlich ein altes Foto des Hauses im Brönswai (vor 1920),
Danke an Dirk Jacobsen!

Das Haus im August 2020



Ich freue mich über Kommentare, Berichtigungen und weitere Bilder des Hauses!

- Tanno Hüttenrauch

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