Bastianstraße 3 Westerland; Hüs 61; Ein alter Staven in Westerland und seine Geschichte

 
Das Haus 61 soll Überlieferungen zufolge 1657 gebaut worden sein.
Allerdings ist das Haus oder zumindest der Staven/Grundstück sicherlich schon älter.

Der erste bekannte Besitzer war Mochel Jaspers aus Braderup, dieser heiratete wohl um 1657 eine Maren Bleiken.
Vermutlich war dies die Tochter/Verwandte der Vorbesitzerin, Christin Bleiken, welche 1642 und 1666 den Staven besaß.
Aufgrund der Position des Hauses in alten Steuerlisten, ist es gut möglich, dass diese Christin Bleiken auf irgendeine Weise eine Nachkommin der schon 1613 genannten Catrina Bleiken war, welche zwar in Rantum wohnte aber diesen Staven in Westerland besaß.

So oder so war  Mochel Jaspers um 1660 Besitzer des Hauses.
Er hatte mit seiner Frau Maren mindestens drei Kinder:

Jens Mochels hatte mit seiner Frau Chressen (1697 geheiratet) folgende Kinder:
1709 wurde über das Haus 61 und Jens Muchels in der "Anschreibung der Hußen & Ländereyen" unter anderem folgendes berichtet:
"1) Zum Land:
- Kann nicht mehr als 2 kleine gering Fuder Heu bergen, von Wert kaum a 2 Mark.
- Säet im Jahr 1/2 Tonne Roggen und 1/2 Tonne Gärsten
Kann während ein Jahr ein Schip Saat Landes gelten 5 Mark etlicher maßen 10
2) Tiere:
- 2 kleine Pferde
- eine kleine Kuh
- 2 Schafe
- Heuer Weyde ist hier nicht, Andern müßen unsere Beesten auf fremder Weyde halten, auf List gilt ein Stück Vieh zu gräßen und weyden 1 und ein gilt 3.
3) Das Haus besteht aus:
- ein Pesel klein Stube und Außendiehl groß 4 Fach
- Dreschlohe und Stall 4 Fach
- ein klein Schafstall 2 1/2 Fach
alles Gebäude in gar geringen und erbärmlichen Zustand
4) Hat keine Fischerey als was er in der saltzen See mit großer Mühe fangen kann, zu sein und der Seinigen nothwendigen Unterhalt, welche Fischerey ungewiß ist.
5) Hat keine Nahrung als dass er zur See fährt, sonsten muß er Hungers sterben.
6) Unter seinem Land meistenteils Kirchen Ländereyen und Vest Ländereyen.
7) Der Mann steckt in großen Schulden, kann seiner gnädigsten Herrschaft nicht gerecht werden."

1740 heiratete ihr jüngster Sohn, Johannes Jansen die Tochter des Kirchspielvogtes, Inge Boh Mochels (*31.12.1719 Haus 3; +31.12.1784 Haus 61)
Sie hatten mehrere Kinder:
  • Merret Johannes Jansen *Mai 1742; +20.1.1818 Haus 61
    • heiratete am 29.11.1764 den Schiffer Ebe Pohn (*30.10.1738 Tinnum; +8.6.1815 Haus 61), sie erbte das Haus.
  • Kristen / Karen Johannes Jansen *1.8.1746; +8.11.1746
1745 wohnten im Haus: Johannes Jensen (Seefahrer) sowie seine Eltern Jens Mochels und Kressen.
Ebenfalls lebten im Haus Johannes' Frau Inge und Tochter Merret.

Am 12.3.1746 starb Jens Mochels, den Tag darauf am 13.3. seine Frau Chressen.
Noch im selben Jahr starb am 18.12. auch der Sohn Johannes.

1754 wohnten im Haus: Die Witwe Inge sowie ihre Tochter Merret.

Merret Johannes Jansen heiratete am 29.11.1764 den Schiffer Ebe Pohn (*30.10.1738 Tinnum; +8.6.1815 Haus 61).
Ebe Pohn war später von 1790 bis 1806 Kirchspielvogt von Westerland.

Sie hatten mehrere Kinder:
1778 bekam dieser Staven (damalige HausNr. 55; Ebe Pohn) einen Anteil an den Gemeindeländereien: 1 Los

Am 31.12.1784 starb Inge Boh Mochels.

Als 1801 die letzte Kirche von Rantum versteigert wird, kaufte Ebe Pohn die Reste dieser. Er vergrößert mit Teilen davon das Haus und schmückte sein Haus und Schiff mit Bildern aus der Kirche.
Heutzutage ist das Bild "Segen von Oben" wieder in der Rantumer Kirche.

1803 wohnten im Haus: Ebe Pohn (Landesgevollmächtiger & Kirchspielvogt), seine Frau Merret und der Sohn Paul (Seefahrer)

Am 15.1.1815 heiratete der jüngste Sohn, Paul Ebe Paulsen, die Westerländerin Merret Johannes Nickelsen (*2.12.1794 Haus 52; +12.4.1872 Haus 61)
Sie hatten nur ein Kind: Merret Ebe Paulsen (*Oktober 1815; +26.2.1816), welche allerdings schon am 26.2.1816 starb.

Im selben Jahr starb am 8. Juni 1815 auch der alte Ebe Pohn.

Merret Johannes Jansen starb am 20.1.1818 als Witwe.

Paul Ebe Paulsen starb am 10.5.1819 in Hamburg.

Die Witwe Merret Johannes Nickelsen heiratete am 27.10.1825 erneut, diesmal den Witwer Jürgen Rink Hennings (*27.2.1785 Rantum, wohnhaft seit 1795 Haus 34; +17.8.1865 Haus 61).
Die beiden hatten keine Kinder.

1835 & 1840 lebten in dem Haus zusammen mit dem Ehepaar (Jürgen war Landwirt und lebte hauptsächlich von Zinsen / seinem Vermögen) auch ihre Pflegetochter: 
Anna Peter Johannes Nickelsen (*2.1.1826 Haus 52; Nichte von Merret Johannes Nickelsen; +?), sowie die Pflegesöhne Boy Friedrich Kayser (*28.12.1810 Tinnum; +auf See) und Gottlob Friedrich Kayser (*28.10.1818 Tinnum; +1862 auf See)
Die beiden Pflegesöhne fuhren zur See.
1840 am 3.9. heiratete Boy Friedrich Kaiser, Maiken Henning Rinken (*2.1.1812 Haus 9; +7.5.1878 Keitum), er starb aber schon bald danach auf See.
Gottlob zog vor 1845 weg, heiratete am 11.7.1847 seine Schwägerin, Trina Henning Rinken (*13.5.1822 Haus 9; +12.8.1903 Haus 9) und zog zu ihr ins Haus 9.

1845 lebte nur noch Anna als Pflegekind mit dem Ehepaar (Jürgen lebte von seinem Vermögen und war Landwirt) im Haus.

1860 wohnte nur das Ehepaar alleine im Haus. 

Von Steuermann Jürgen Rink Hennings sind einige friesischen Gedichte überliefert, diese gehören mit zu der frühesten friesischen Literatur auf Sylt und thematisieren generell normale Dinge.

Jürgen starb am 17.8.1865.
Seine Frau Merret starb am 12.4.1872.

Danach war um 1900 angeblich ein Hinrich Jensen der Besitzer des Hauses.

Hinrich verkaufte das Haus später an den Dänen Niels Christian Nielsen, welcher dort in den 50er Jahren wohnte.

Das Haus erbte dann seine Tochter: Antje, welche Adolf Andresen heiratete.

Das Haus ist wohl immer noch im Familienbesitz.

Das Haus im April 2022


Ich freue mich über Kommentare, Berichtigungen und Bilder vom Haus!

- Tanno Hüttenrauch

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